Pilze, die Netzwerker im Waldboden


Bei diesem Thema scheiden sich unsere Geister. Jan isst sehr gerne Pilze und ich nicht. Schon als Kind mochte ich sie nicht, und das ist bis heute so geblieben. Dafür fotografiere ich sie umso lieber. Wenn wir durch den Wald spazieren gehen und ich einen Pilz entdecke, kann ich nicht daran vorbeigehen. Zuerst suche ich mir eine gute Position zum Fotografieren und danach entferne ich störende Gräser, Zweige etc. Meist liege ich dann bäuchlings auf der Erde, sozusagen Aug in Aug mit dem Pilz. 

Ihre kreativen Hüte mit denen sich Pilze aus dem Boden bohren, sprechen mich besonders an gegenüber anderen Pflanzen. Pflanzen? In dem Buch ‚Das geheime Leben der Bäume‘ von Peter Wohlleben wurde ich Eines besseren belehrt. Darin schreibt Herr Wohlleben im Kapitel ‚Gemeinsam geht`s besser‘: „Bäume sind sehr sozial eingestellt und helfen sich gegenseitig. Doch für ein erfolgreiches Bestehen im Ökosystem Wald reicht das noch nicht aus. … Daher haben sich Bäume schon vor Jahrmillionen mit Pilzen verbündet. Pilze sind merkwürdige Wesen. … Ihre Zellwände sind aus Chitin aufgebaut und gleichen in der Substanz damit eher Insekten, bei Pflanzen ist die Substanz nie zu finden. Zudem können sie keine Fotosynthese betreiben, sondern sind auf organische Verbindungen anderer Lebewesen angewiesen, die sie fressen können. Im Laufe der Jahrzehnte dehnt sich ihr unterirdisches Wattegeflecht, das Myzel, immer weiter aus. … In Pflanzen, die mit Pilzpartnern kooperieren, sind doppelt so viel lebensnotwendiger Stickstoff und Phosphor zu finden wie in Exemplaren, die allein mithilfe ihrer eigenen Wurzeln im Erdreich saugen. … Der Pilz durchdringt und umschließt nicht nur die Wurzeln, sondern lässt sein Geflecht durch den umliegenden Waldboden streifen. Dabei überschreitet er den normalen Ausbreitungsbereich der Wurzeln und wächst auch zu anderen Bäumen hinüber. Hier verbindet er sich mit deren Pilzpartnern und deren Wurzeln. Es entsteht ein Netzwerk, über das nun munter Nährstoffe … und sogar Informationen ausgetauscht werden, etwa über bevorstehende Insektenattacken. Pilze sind demnach so etwas wie das Internet des Waldes.“ ¹

All das sehen wir natürlich nicht, wenn wir durch den Wald spazieren. Nur die schönen Fruchtkörper, die bevorzugt im Herbst an die Oberfläche treten, erinnern uns an die unglaubliche Leistung der Pilze unter der Erde. Und um dieses phänomenale Netzwerk nicht zu zerstören, ist es wichtig beim Ernten der essbaren Pilze das Myzel nicht zu beschädigen. Guten Appetit – und unbedingt mal Peter Wohlleben lesen.

¹ Peter Wohlleben, Das geheime Leben der Bäume, 2015, Seite 50 – 52