Platz 1: Herbert, der Maskenschnitzer


Die Geschichte mit Herbert ist der Beweis, dass viele glückliche Umstände zum Erfolg führen können – oder, dass die Kirchseeoner Perchten Glücksbringer sind. Als wir Anfang Dezember 2023 erfahren haben, dass wir im Februar 2024 Bilder für den Wettbewerb Wiki Loves Folklore einreichen können war die Zeit knapp. Bei meiner Zahnärztin im Wartezimmer fiel mir kurz davor ein Artikel über Perchten im Berchtesgadener Land in die Hände. Den Artikel fand ich ziemlich interessant und so recherchierten wir nach einem ähnlichen Brauch, der räumlich näher bei uns lag. Im Internet wurden wir fündig und trafen so auf die Kirchseeoner Perchten. Kirchseeon liegt von unserer Wohnung in München ca. 45 Minuten mit der S-Bahn entfernt.

Schon bei der ersten Veranstaltung, die wir besuchten haben uns die handgeschnitzten Masken sofort in ihren Bann gezogen. Die kreative Vielfalt der Läufer und die handwerkliche Schnitzkunst waren überwältigend. Und während die Schönperchten, Klaubaufe und Holzmandl um uns herum tanzten, wirbelten wir mit der Kamera ebenfalls herum, um sie einzufangen. 

Beim Auswerten der Bilder ein paar Tage später war unser Interesse so groß, dass wir beschlossen das MASKEUM – ein kleines Museum in Kirchseeon zu besuchen. Dort trafen wir neben vielen Originalmasken, die von Hans Reupold dem Gründervater geschnitzt waren, auch auf Rainer Eglseder, dem Museumsleiter. Er zeigte uns sein Kleinod und vermittelte uns den Kontakt zu Herbert Schafbauer, einem von vier Maskenschnitzern der Perchten.

Ein paar Tage später trafen wir uns bei Herbert in seiner Schnitzstube in Egelharting. Dort hat er sich einen kleinen Holzverschlag als Schnitzstube eingerichtet. Sie liegt direkt hinter der denkmalgeschützten Badstube, dem Vereinsheim der Perchten. Neben seinem handwerklichen Können ist Herbert ein wunderbarer Geschichten-Erzähler. Für uns war sofort klar, dass die Perchten erst durch das Handwerk der Kirchseeoner Maskenschnitzer so einmalig sind und wollten ihn unbedingt vor die Kamera bringen. Herbert war bereit für uns Modell zu stehen bzw. zu sitzen und so konnte das Shooting beginnen. 

Er schnitzte gerade an einer Maske mit dem Arbeitstitel „Nonnenfalter“, dem Wappentier von Kirchseeon. Zwischen 1889 – 1891 vermehrten sich die Raupen des Nonnenfalters im Ebersberger Forst explosionsartig und frassen ihn kahl. Das Holz musste geschlagen werden und viele Waldarbeiter aus der Schweiz, Österreich und dem Bayerischen Wald zogen zu. Das Zusammenspiel von alten Bräuchen und den Holzfällern war die Geburtsstunde der Kirchseeoner Perchten. 

Die Freude war riesengroß als wir im Juni 2024 erfuhren, dass Jan (ich war für die Beleuchtung zuständig während Jan fotografierte) den 1. Preis bei dem Wettbewerb Wiki Loves Folklore 2024 gewonnen hat. Wir bedanken uns bei allen guten Geistern, sei es in Form der Perchten oder anderer Wesen, die zu diesem tollen Erfolg beigetragen haben. Und unser besonderer Dank gilt natürlich Herbert – dem Gewinner.